kunstzeit 36: Anna Pech

Eröffnung: Freitag, 23.05.2025, 18 Uhr, Lange Nacht der Kirchen
mit Anna Pech, Künstlerin, Gerald Schuster, Hochschulseelsorger,
Martina Gelsinger, Kunsthistorikerin und Kuratorin, Fachbereich Kunst und Kultur der Diözese Linz und dem „Ned d´accord“ Chor
Öffnungszeiten: Mo-Do 9-16.00 Uhr, Fr 9-14.00 Uhr (während Vorlesungszeit)
Ausstellungsdauer bis 4.7.2025
Gemeinschaftliches Singen als Akt des Widerstandes
Unter dem Titel „Raum der Stimme“ greift Anna Pech im Rahmen der kunstzeit 36 im Raum der Stille in der Katholischen Hochschulgemeinde Linz die Bezeichnung und Funktion des interreligiösen Raumes der Stille auf. Sie verwandelt durch ihre Installation den Raum in einen Raum der Stimme. Dem Akt des gemeinsamen Singens wird in Studien gesundheitsfördernde Wirkung auf Körper und Seele zugeschrieben. Singen macht glücklich - Gesang berührt.
Anna Pech zeigt eine audiovisuelle Installation, die spirituelle, politische und profane Aspekte des gemeinsamen Singens untersucht. Im Rahmen der Eröffnung fand eine Performance des „Ned d´accord Chores“ statt. Bekannten Liedern, die Tradition und Vertrautheit suggerieren, werden in einzelnen Strophen zu Aufrufen zu Widerstand gegen Patriachat, Radikalismus und Faschismus ergänzt und verwandelt. Anna Pech schreibt in die architektonische Gestalt des Raumes der Stille, der in seiner ursprünglichen Anlage und Entstehung im Jahr 1969 vom Baustil des „Brutalismus“ beeinflusst ist, Stimme und gemeinschaftliches Singen als Akt des Widerstandes ein.
Ein subtiler, aber deutlich hörbarer Beitrag
Im Kontext der aktuellen politischen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen ist der „Raum der Stimme“ ein subtiler, aber deutlich hörbarer Beitrag anlässlich des Jubiläums 80 Jahre Kriegsende. Mit Blick auf die zunehmende Verharmlosung, die im sprachlichen Diskurs deutlich wird, wird Stimme als Instrument des Widerstandes eingesetzt.
Anna Pech ist in ihren konzeptuellen Überlegungen für eine Intervention im Raum der Stille auf seine Funktion zurückgegangen. Diametral zur Betriebsamkeit und Geschwindigkeit des Universitätsbetriebes ist es ein Ort des Innehaltens und Rückzugs. Mit „Raum der Stimme“ macht sie deutlich, wie durch die gemeinschaftliche Aktivität des Singens eine Kraft entwickelt werden kann.
Es sind vertraute Lieder und bekannte Melodien, die die Mitglieder des Chores gemeinsam singen, und zugleich gibt es in der Abfolge der sich wiederholenden Strophen den kritischen Moment, in dem das „einlullende“ Lied mit dem Umtexten von Strophen zu einem Statement gegen Faschismus, Rassismus und das Patriachat wird.
Ned d´accord Chor
Die Doppeldeutigkeit, den Moment des Kippens und Wandels zwischen Vertrautem, Traditionellem und Widerständigem, um ein nicht einverstanden sein, trägt der Chor bereits in seinem Namen sich:
Der Ned accord Chor ist eine Gruppe von Studierenden der Linzer Kunstuniversität, die sich regelmäßig zum gemeinsamen Singen trifft. Sie definieren ihren Chor als antifaschistisch, queer-feministisch und anti-hierarchisch und möchten ein sicherer Ort für alle Menschen sein, die ihre Stimme einsetzen und teilen wollen.
Die Praxis des Singens ist für sie eine künstlerische Praxis, die kreativen Output und kritisches Denken anregt und gegenwartsbezogen arbeitet.
Die Beschäftigung mit sozial-politischen Themen und Diskriminierungserfahrungen treibt ihren Wunsch nach dem „Gehörtwerden“ an.
Wer singt, betet doppelt – Gesang im kirchlichen Kontext
Mit der Video-Audioinstallation Raum der Stimme greift Anna Pech eine Tradition auf, die im kirchlichen Kontext, in Sakralräumen, eine lange Tradition hat und intensiv gepflegt wird: Singen als gemeinschaftsstiftendes Erlebnis, Singen in der Liturgie in Form von Chorälen, Psalmen und Volksgesang. So ist vom spätantiken Theologen und Philosophen Augustinus der Satz überliefert: „Wer singt, betet doppelt“.
In den kirchlichen Gesängen gibt es oftmals Wiederholungen, einen wiederkehrenden Rhythmus, der sich einprägt und über das Hören hinaus auf körperlicher Ebene spürbar bleibt. Bewusst und unterbewusst prägen sich auch die Texte ein, die seit jeher als Instrument der Katechese eingesetzt werden.
Stimme in der zeitgenössischen Kunst
Stimme spielt auch in der zeitgenössischen Kunst als Medium eine zentrale Rolle.
Eine zentrale Bedeutung kommt dabei VALIE EXPORT mit ihrem Stimmexperimenten zu. Seit den 1960er Jahren setzt die in Linz geborene Künstlerin Stimme als Medium, als Informationsträgerin und als Politikum in ihrer künstlerischen Praxis ein. Eine besondere Rolle in diesem Kontext - zum Verhältnis von Stimme und Raum – nimmt die Künstlerin Marina Abramovic, die als Inkunabel der Performancekunst gilt, ein. Gemeinschaftlichen Singen und Widerstand als Massenprotestbewegungen greift die an der Linzer Kunstuniversität lehrende Anna Jermoalewa mit ihrer aktuellen Audio-/Videoarbeit „Singing Revolution“ auf. Dabei geht es um Menschen, die sich in großen Gruppen versammelten und durch gemeinsames Singen ihren Wunsch nach politischer Unabhängigkeit zum Ausdruck brachten.
Anna Pech
Anna Pech ist bildende Künstlerin und arbeitet und lehrt seit 2021 als Universitätsassistentin an der Abteilung Kunst und Gestaltung an der Kunstuniversität Linz. Neben ihrer freischaffenden künstlerischen Tätigkeit konzipiert und leitet sie Projekte im Bereich kulturelle Bildung wie zB. Jury der jungen Leser*innen (Verein Literaturbagage), How deep is your Love (Wiener Festwochen 2025) oder Plateau Vienna, ein niederschwelliger Projekt- und Ausstellungsraum zur Förderung und Vermittlung junger und zeitgenössischer Kunst (plateauvienna.com). Sie studierte Raum- und Designstrategien sowie Bildende Kunst (Experimentelle Gestaltung) an der Kunstuniversität Linz und an Partneruniversitäten u.a. in Rotterdam, Berlin und Bogotá.
Charakteristisch für Anna Pechs oft ephemere Installationen und Interventionen ist ein stets ortsbezogener und gesellschaftspolitischer Kontext. Vom Beginn der Produktion bis zur Präsentation der Arbeiten handelt sie in einem kontextuellen und referentiellen Raum.